Wenn die 60 erstmal überschritten wurden, denken manche an den Ruhestand. Klar, das verstehe ich, wenn jemand schuften muss, bis zum Umfallen, dass sie oder er sich dann auf eine Zeit des Ausruhens freut, ist absolut nachvollziehbar.
Ich stecke gottseidank nicht in diesem Hamsterrad fest, deshalb ist meine Biografie vielleicht etwas anders. Wenn ich Revue passieren lasse, was ich heute so mache, schreiben, Radiosendungen bei Radio LORA, mittlerweile für drei Redaktionen, … muss ich konstatieren, dass ich zu all dem gekommen bin wie die Jungfrau zum Kind. Nichts davon war beabsichtigt oder gar geplant, es hat sich einfach so ergeben. Und jetzt … ist es wieder passiert. Ich hab einen neuen Nebenjob und auch der hat sich einfach so ergeben. Letzte Woche kam ein Bote von der Stadt Germering mit einem Brief, dass ich nun in den Stadtrat von Germering nachrücken solle/könne/dürfe – ehrenamtlich natürlich.
Was war passiert? Bei den Kommunalwahlen im Jahr 2020 war ich noch bei den LINKEN, wir haben uns richtig reingehängt und tatsächlich einen Stadtrat stellen können, bzw. eine Stadträtin. Die dann aber als erstes zur SPD gewechselt ist und offensichtlich war sie dort deutlich besser aufgehoben. Wegen einer Verurteilung wegen Untreue war sie schließlich aufgefordert worden, den Posten zu räumen und die Partei / die Fraktion zu verlassen. Langer Rede kurzer Sinn: Obwohl ich mich aus rein formellen Gründen absichtlich ganz unten auf die Liste habe setzen lassen, wo die Chance gleich null war, in den Stadtrat einzuziehen, bin ich nun der designierte Nachfolger, wenn auch nur für wenige Monate / Sitzungen. Ich gestehe, dass ich versucht war, abzulehnen, schon allein aus Zeitgründen, aber andererseits, wenn man Demokratie ernst nimmt und so etwas passiert, wäre es respektlos dieser Demokratie gegenüber, wenn man dann die Wahl nicht annimmt, wenn man, mit anderen Worten, beschlösse, dass diejenigen, die einen gewählt haben, einem doch bitte schön den Buckel runterrutschen mögen. Sowas macht man einfach nicht.
Ebenso wenig sollte man eine solche Aufgabe auf die leichte Schulter nehmen. Man repräsentiert immerhin Menschen, die sich mit ihrer Wahl eine Alternative zu dem Mainstream zwischen SPD und CSU wünschen. Was mich dort erwartet, weiß ich nicht. Verbündete wird jemand aus der Provenienz der LINKEN eher nicht so einfach finden. Die Fraktionssprecherin von Bündnis 90/Die Grünen im Stadtrat, Agnes Dürr, hat mir schon im Wahlkampf ins Gesicht gesagt, dass sie alles, was links ist, bis ins Mark verabscheue und dass sie mit uns nicht mal reden würde. Sie wird ihre Gründe haben, die LINKEN zu fürchten und, ich denke, auch die anderen Parteien werden nur wenig Interesse haben, mich in ihre Arbeit hineinlinsen zu lassen. Immerhin stehen LINKE für so unanständige Werte wie soziale Gerechtigkeit, Inklusion, Demokratie, möglichst Basis-Demokratie, Transparenz, Menschlichkeit und gegen Korruption und Mauschelei und vor allem: gegen rechts, gegen Rassismus, Hass, Hetze, Kriegstreiberei und Sündenbockpolitik! Es wird also spannend …
Zum Schreiben komme ich schon jetzt kaum noch (vielleicht muss das tatsächlich bis zum „Ruhestand“ warten), in der näheren Zukunft eher noch weniger. Trotz aller zu erwartenden Widerstände bin ich fest entschlossen, das Beste aus den paar Monaten bis zum Ende der Legislaturperiode zu machen. Leute, ich hoffe auf eure Unterstützung, denn allein … bin ich gar nichts.