Wer will in Wokistan leben?
Wokeness ist allgegenwärtig. Viele fordern sie, mindestens ebenso viele verdammen sie. Aber wer hat nun recht?
Pro Wokeness
Woke sein ist hip! Obwohl es mittlerweile schon massiv Gegenwind gibt, scheint diese relativ neue Erscheinung immer noch im Vormarsch zu sein. Denn wer woke ist, gehört zu den Guten! Er (oder sie …) ist achtsam, stets darauf bedacht, niemanden zu verletzen oder zu beleidigen, stets politisch korrekt, stets respektvoll gegenüber allen und jedem. Ist das nicht das ultimative Ziel in der Entwicklung zum Mensch-Sein, das Ziel einer Zivilisation, die auf gegenseitigem Respekt ohne Ansehen von Hautfarbe, Religion, Sexualität et cetera und auf Kooperation auf Augenhöhe aufgebaut sein muss, was angesichts der heutigen Menschheitsprobleme (Klimawandel, Ressourcenraubbau, Vermüllung des Planeten) die einzige Chance darstellt, die der Menschheit noch bleibt, wenn sie dieses Jahrhundert auf unserem blauen Planeten überleben will?
Einerseits, ja. Kriege, Ausbeutung des Planeten und unserer Mitmenschen, stetes Wachstum, das sind die Komponenten, mittels der wir sehr zielstrebig unsere eigene Ausrottung betreiben, denn Wachstum muss unendlich sein, damit unsere profitorientierten Wirtschaftssysteme nicht kollabieren, die Ressourcen / Kapazitäten unseres Planeten aber … sie sind endlich. Das sind Faktoren, die irgendwann aufeinanderprallen und eine Menge wissenschaftlicher Studien haben berechnet, dass dies in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts geschehen wird, also innerhalb eines geschichtlich sehr überschaubaren Zeitraums, sofern wir nicht rechtzeitig umsteuern. Ein Umsteuern ist aber zunächst mal nicht in Sicht, im Gegenteil, Kriege werden wieder vermehrt geführt und gerechtfertigt, allen Opfern und Tragödien zum Trotz. Von internationaler Zusammenarbeit und einem Ende des Blockdenkens sind wir als Menschen weiter entfernt denn je. Woke zu sein, könnte eine Gegenbewegung zu dieser Entwicklung darzustellen, eine Art Graswurzelbewegung, die das vorwegnimmt, was die Voraussetzung für eine Kooperation auf Augenhöhe eigentlich ausmacht, denn wer mit jemandem Anderen zusammenarbeiten will (oder muss), kann nur sicher sein, dass das funktioniert, wenn beide sich gegenseitig vertrauen und vertrauen können. Da ist es natürlich nicht hilfreich, wenn wir unser Gegenüber erstmal beleidigen oder sonst wie herabwürdigen, egal, ob das absichtsvoll geschieht oder nicht. Woke zu sein, kann dabei behilflich sein, das Gegenüber von der Güte der eigenen Absichten zu überzeugen und damit erfolgreich die Basis für Kooperation festigen, keine Frage. Wokes Bewusstsein ist in diesem Sinne nichts Neues, früher hatte man halt andere Begriffe dafür, beispielsweise „Respekt“ oder … von mir aus „Knigge“, der sich allerdings auf wenige Aspekte begrenzte und keinen allumfassenden Geltungsanspruch forderte.
Contra Wokeness
Andererseits stellt Wokeness selbst auch eine riesige Gefahr dar! Und damit meine ich jetzt nicht den eingangs erwähnten Überdruss, der den Woken mittlerweile ins Gesicht bläst und der gesellschaftlich ins andere Extrem umschlagen könnte. Denn die real existierende Wokeness greift seinerseits die Basis der menschlichen Zivilisation selbst an. Nehmen wir als Beispiel Winnetou … Winnetou ist ein Stück Literaturgeschichte, für manche gar ein Teil der eigenen Kindheit, in jedem Fall aber ein Dokument darüber, was andere Menschen zu anderen Zeiten gedacht und getan haben. Das ist, was Menschen ausmacht, das zeigt uns, woher wir kommen, völlig unabhängig davon, wie political correct damals gehandhabt oder gedacht wurde. Die Geschichte gehört zu uns, wer sie uns nehmen will, „versündigt“ sich an uns allen. Man kann (und sollte) Geschichte kritisch kommentieren, man darf sie jedoch nicht canceln. Dieser Aspekt der Geschichte ist ein Teil dessen, dem wir uns ebenso zu stellen haben wie beispielsweise dem Kolonialismus oder auch der Nazi-Diktatur. Aber dafür müssen wir uns gezielt damit auseinandersetzen. Canceln / zensieren / verstecken / verbrennen hilft alles nicht weiter.
Neben unserem (für die Weiterentwicklung unserer Spezies absolut notwendigem) Bewusstsein für Geschichte zeichnen uns Menschen andere Eigenheiten aus, die es sonst bekanntlich bei keinem Lebewesen gibt: Kunst, Kultur und Humor. Doch genau diese Eigenschaften scheinen Über-Woke canceln zu wollen, um das aktuelle Unwort zur Diskussion zu verwenden. Nehmen wir uns doch zuerst den Humor vor. Die Wikipedia zitiert den Duden mit folgender Definition: „Humor ist die Begabung eines Menschen, der Unzulänglichkeit der Welt und der Menschen, den alltäglichen Schwierigkeiten und Missgeschicken mit heiterer Gelassenheit zu begegnen.“
In dieser Definition ist das entscheidende Stichwort enthalten: „Unzulänglichkeit“. Niemand, keine(r) von uns, ist perfekt. Ich spreche ausschließlich für mich, wenn ich sage: ich kann nicht perfekt sein und ich will es auch gar nicht. Und dazu stehe ich. Wenn Andere sich über meine Imperfektionen oder Schrulligkeiten lustig machen wollen, ist das völlig in Ordnung. Wahrscheinlich lache ich sogar mit. Jedenfalls dann, wenn es nicht herabwürdigend gemeint ist. Sicher, ob etwas beleidigend gemeint ist, ist eine Grenze, die teilweise schwer bis unmöglich zu erkennen ist, aber mit ein wenig Lebenserfahrung, etwas Menschenkenntnis und Kommunikationsoffenheit lässt sie sich schon relativ gut festmachen.
Doch wie stellen sich Woke zu Unzulänglichkeiten? Man darf darüber eben keine Witze machen, sonst beleidigt man die Betroffenen, so ihre Ansicht. Tja, manchmal ist das Leben hart. Wer hat das in seiner Kindheit nicht erlebt, dass man sich beim Spielen verletzt hat und all die Freundinnen und Freunde rundherum sich gekugelt haben vor Lachen? Man braucht genau in diesem Moment Zuwendung oder Hilfe und bekommt stattdessen … Schadenfreude und Gelächter! Nicht schön, sicher. Aber genügende Beispiele zeigen, dass dieses Verhalten wohl angeboren ist. Clowns kommen bei kleinen Kindern am besten an, wenn sie Slapstick zeigen, bei dem sie ständig „eins in die Fresse“ bekommen, Kinder lieben das. Wahrscheinlich ist das eine evolutionäre „Erfindung“, die uns hilft, Stress abzubauen und mit einer solchen Ausnahme-Situation umzugehen. Und dann wäre das eine typisch menschliche Eigenschaft, eine, die sich im Erwachsenenalter übrigens auswächst. Der Humor jedoch, der bleibt, wenn auch in weiterentwickelter Form. Bei sehr vielen von uns, jedenfalls. Und Humor kommt, wie gesagt, auf Unzulänglichkeiten dahergeritten. Das müssen noch nicht mal persönliche Unzulänglichkeiten sein, es können auch nationale Eigenschaften betroffen sein. Beispielsweise der Umstand, dass in Italien sehr häufig, jedenfalls weitaus häufiger als im EU-Durchschnitt, Spaghetti als Vor- oder Hauptspeise gereicht werden. Oder die Tatsache, dass laut Statistik der größte Teil der in Deutschland geklauten Autos in Tadschikistan landet. Das sind nun mal belegbare Fakten. Natürlich wäre es eine rassistische Beleidigung, wenn man – daraus ableitend – verallgemeinernd jeden Italiener als „Spaghettifresser“ oder jeden Tadschiken als Autodieb bezeichnen würde, darüber muss man nicht diskutieren. Aber soll das wirklich bedeuten, dass man deshalb solche Erkenntnisse nicht erwähnen und sie auch nicht satirisch aufspießen darf? Woken zufolge darf man das nicht, denn die Betroffenen könnten daran Anstoß nehmen. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber ein Verbot von Humor selbst, denn wo Unzulänglichkeiten nicht angesprochen werden dürfen, kann Humor nicht wirken. Und genau so sehen es wohl auch zahlreiche Vertreter des Kabaretts, die ihre Karriere beendet haben, weil sie keine Lust mehr haben, sich bei jedem Gag einen Shitstorm einzufangen.
In Kunst und Kultur haben Woke das Wort der „kulturellen Aneignung“ für sich entdeckt. Alles, was in diesem Punkt auffällig erscheint, wird gern mal zum „canceln“ freigegeben. Ein Musiker, der ein Didgeridoo, ein klassisches Instrument der australischen Aborigines, spielt, muss hierzulande mit Auftrittsverbot rechnen. Das muss man mal weiterdenken! Ich bin auch ein E-Gitarrist, ein älterer, deutscher, weißer, männlicher E-Gitarrist aus dem Mittelstand, der am liebsten Blues, Hard- oder Classic Rock spielt. Woken zufolge dürfte ich mein Instrument wohl gar nicht erst auspacken. Blues ist immerhin eine ur-schwarze Musikform, entstanden während der Sklaverei seitens der armen Teufel, die aufs Übelste von weißen Männern (und Frauen) ausgebeutet wurden. Und die Rockmusik basiert auf dem Blues, ergo … kulturelle Aneignung, aber volle Kanne, damit inakzeptabel. Ich frage mich, was wäre dann für mich akzeptabel? Hmm-ta-ta-Blasmusik? Ne. Nicht wirklich. Trompeten und Klarinetten stammen aus dem Alten Ägypten, diese Instrumente und einige mehr sind dort seit über 3.500 Jahren nachgewiesen. Ah, Mozart, ur-deutsch… ähm … gut, deutscher Sprachraum, wollen wir mal nicht so sein. Ohne Mozart kein Beethoven, ohne Beethoven kein Richard Wagner und kein Anton Bruckner und kaum sonst jemand, der heute die „deutsche“ Kultur definiert. Mozart darf ich also spielen, oder? Nein! Keinesfalls! Die Entführung aus dem Serail! Um Gottes Willen, eine minderwertige, Türken herabwürdigende Abfolge von Klischees, eines schlimmer als das andere. Und die Musik! Mozart hat doch tatsächlich – erstmals in der europäischen Musikgeschichte, übrigens – Schellen und Becken in die Musik eingebracht, Instrumente, die man zuvor nur bei Türken gesehen und gehört hatte (die zugegebenermaßen eine Zeit lang vor den Toren Wiens kampiert hatten) und die heute aus der zeitgemäßen Musik nicht mehr wegzudenken sind. Also wenn das nicht kulturelle Aneignung der übelsten Sorte war, weiß ich auch nicht mehr. Also … was genau darf ein Musiker?
Es ist nun mal ein Faktum, dass es „Reinheit“ oder „Authentizität“ in der Kultur kaum gibt (... und ich will hier nicht von der politischen Provenienz derer zu sprechen beginnen, die auf „Reinheit“ jeglicher Art hohen Wert legen und anderes gern mal als „entartet“ ansehen ... man sollte sich dieser Geisteshaltung aber durchaus bewusst sein). Jeder künstlerisch tätige Mensch baut auf dem auf, was andere vor ihm gemacht haben. Ausnahmslos. Das gilt selbst für so innovative Musiker wie dem großen Edward van Halen, der seine Innovationen übrigens nie als eigene Schöpfung deklariert hat, sondern der seine Einflüsse immer offengelegt hat. Als Künstler verarbeiten wir das Leben, wir verarbeiten das, was wir selbst aufnehmen, auf kreative Art und Weise. Manchmal wird das Ergebnis gut, manchmal auch etwas mau, aber das ist eine völlig andere Frage. Was auch immer in der Kunst gemacht wird, ist immer und ausnahmslos kulturelle Aneignung, Kunst und vor allem künstlerische Entwicklung ist anders gar nicht denkbar. Oder, wie John Lennon es 1967 formuliert hat:
There's nothin' you can do that can't be done
Nothin' you can sing that can't be sung
Kunst ist, wie wenn ich nach Spanien fahre, dort meine erste Paëlla probiere und dann versuche, das Gericht bei mir zu Hause nachzukochen. Das ist nie und nimmer eine Beleidigung für das Ursprungsland, es ist vielmehr das glatte Gegenteil: eine Verbeugung vor Spanien und seiner Küche. Ich nehme auf und mit, was mir gefallen hat, was ich schätze. Wenn ich Blues spiele, ist das auch eine Verbeugung vor den Musikern, die das vor mir getan haben und wiederum vor deren Vorbildern. So etwas verbieten zu wollen, ist nicht nur ignorant, da es derlei Zusammenhänge außeracht lässt, es ist darüber hinaus arrogant, weil eine solche Haltung nur die eigene Meinung als zulässig erkennt. Und diese beiden Charaktereigenschaften, Ignoranz und Arroganz, in einer Person kombiniert, ergeben leider eine ziemlich üble Mischung, eine, die sich viel schlimmer auf die Umgebung dieser Person auswirkt als auf diese selbst.
Wer kulturelle Aneignung anprangert, der wendet sich somit unmittelbar gegen Kunst und Kultur höchstselbst! Das ist so, amen. Und das macht überschwängliche Woke so gefährlich. Denn Humor, Kunst und Kultur sind absolut nötig zur geistigen Entwicklung von uns allen. Aber nicht nur das. Sie können auch scharfe Waffen sein, die von Mächtigen gefürchtet werden, die ihre Macht missbrauchen. Kurt Tucholsky oder Erich Kästner lassen grüßen. Diese Waffen entschärfen zu wollen, heißt, Diktatoren Tür und Tor zu öffnen, denn dann gäbe es nichts mehr, womit man sie gewaltfrei wirkungsvoll bekämpfen kann. Das kann eine woke Person nicht wirklich wollen. Oder?
Fazit: Wokeness erfordert woke zu sein gegenüber der Wokeness selbst
Wokeness hat zweifelsohne eine gewisse Daseinsberechtigung. Aber sie ist dann gefährlich und sogar kontraproduktiv, wenn sie übers Ziel hinausschießt. Wiederum spreche ich für mich, wenn ich sage, dass ich in Wokistan nicht leben möchte, denn ein Land ohne Humor, ohne Kunst und ohne Kultur ist ein unmenschliches Land. Mit anderen Worten, Woke müssen ganz besonders woke sein gegenüber ihrer eigenen Geisteshaltung. Übers Ziel hinausgeschossen ist schnell. Beispielsweise bei den Themen Gendern oder Geschlechteridentität. Einerseits mag ich Gendern nicht sonderlich. Das liegt daran, dass ich beruflich hauptsächlich mit Sprache umgehe und ich die momentan kursierenden Lösungen als unelegant und kontraproduktiv ansehe, denn sie sorgen leicht dafür, dass der Lesefluss und das Textverständnis ins Stocken geraten, sowohl beim gesprochenen Wort, erst recht beim geschriebenen. Andererseits erkenne ich aber auch an, dass Studien herausgefunden haben, dass die Sprache das Denken prädestiniert und dass Frauen (nicht nur) in der deutschen Sprache systematisch benachteiligt und damit diskriminiert werden. Tja, was also tun? Meines Erachtens müsste man den Weg gehen, den die Schwed*Innen (ähem …) gegangen sind und eine neue grammatikalische Form einführen, die für Geschlechtsneutralität steht. Im Spanischen gibt es ähnliche Ansätze, statt der weiblichen amiga oder dem männlichen amigo (der aber auch für eine geschlechtsneutrale Verwendung steht, wodurch der Bias wieder zugunsten der Männlichkeit durchschlägt …) verwenden viele dort jetzt das explizit geschlechtsneutrale amige. Problem erkannt, Problem gelöst, es hakt und ruckelt – im Gegensatz zu den „Lösungen“ bei uns – nichts. Ich muss aber auch anerkennen, dass lebende Sprache noch nie von Linguisten erdacht wurde (vom Klingonischen und Elbischen vielleicht mal abgesehen), sondern sich immer aus dem Volk selbst heraus entwickelt. Insofern ist auch unklar, ob die aufgezeigte spanische Lösung das Potenzial hat, sich gesamtgesellschaftlich durchzusetzen. Die schwedische Modell hat sich aber durchgesetzt, was zeigt, dass dieser Weg generell, bei gutem Willen, gangbar ist.
Aber besonders hitzig gestaltet sich die Diskussion beim Thema Geschlechtsidentität. 60 (in Worten: sechzig!) unterschiedliche Geschlechter sind mittlerweile anerkannt (https://www.wiwo.de/politik/deutschland/werner-knallhart-der-gender-diskriminiert-alle-gender/19206140.html). Man male sich aus: Jedes davon fordert sprachlich sein eigenes Genus ein oder seine eigene Toilette in öffentlichen Räumen! Gut, ich gebe zu, das ist ein überzeichneter und somit zynischer Gedanke, wir sollten aber gleichwohl darauf achten, dass er nicht zur Realität wird. Unabhängig davon liegt die Gefahr woanders, nämlich darin, dass man eine Gruppe von Menschen gegen eine andere ausspielt. Und ein solches Spiel ist immer unmenschlich und daher immer abzulehnen. Wenn eine Lösung gegen Diskriminierung nur dadurch erzielt werden kann, dass durch sie wiederum eine andere Gruppe Menschen diskriminiert wird, ist sie abzulehnen. Doch genau das passiert leider gerade. Menschen sollen ihre eigene Geschlechtsidentität selbst wählen können. So weit so gut, jedem Tierchen sein Pläsierchen, jede(r) soll nach seiner oder ihrer Façon glücklich werden. Aber ein alter Grundsatz besagt: Die Freiheit des Einzelnen endet da, wo die des Nächsten beginnt. Nun haben diverse Frauen (darunter die Schriftstellerin Joanne K. Rowling, die seitdem heftigste Anfeindungen und Unterstellungen wie Trans-Feindlichkeit über sich ergehen lassen muss) beispielsweise ein Problem damit, dass biologisch eindeutige Männer nun nach Belieben in Schutzräume für Frauen eindringen können, wenn sie nur angeben, sich als Frau zu fühlen, also in öffentliche Frauen-Toiletten oder Umkleidekabinen für Frauen in Schwimmbädern. Manch eine(r) mag das nicht nachvollziehen zu können, ich kann durchaus verstehen, wenn Frauen bei diesem Gedanken Bauchgrimmen und/oder gar Angst bekommen. Sind denn die Ängste von diesen Frauen weniger beachtenswert als die Befindlichkeiten der Leute, die „mit dem falschen Geschlecht geboren wurden“? Nein, das sind sie nicht. Gleichwohl werden sie gegen-diskreditiert. Sehr woke, muss ich schon sagen! Wenn man dem oben genannten Freiheitsgedanken folgt, dann müssen aber auch die Bedenken dieser Frauen berücksichtigt werden. Sonst funktioniert diese Lösung auf Dauer nicht.
John Lennon wieder! Die oben gebrachten Zitate von ihm stammen aus dem Song „All You Need is Love“. Und, in der Tat, recht viel mehr braucht es gar nicht, nur Liebe, gegenseitiges Verständnis und Respekt. Und das wiederum ist doch der Kern des Woke-Seins, oder? Fassen wir zusammen:
Jede(r) hat das Recht, ihr oder sein Glück zu suchen, zu finden und zu leben.
Kein(r) darf dafür, dass sie oder er das macht, diskriminiert werden.
Humor, Kunst und Kultur sind unverzichtbare Teile des menschlichen Miteinanders. Fragwürdig ist lediglich das, was Andere gezielt beleidigen oder diskreditieren soll.
Keine(r) darf das, was sie oder ihn glücklich macht, der Gesellschaft aufzwingen. Es liegt nicht in der Aufgabe der Gesellschaft, Einzelne glücklich zu machen, sie darf diese lediglich nicht an ihrem individuellen „pursuit of happiness“ hindern, solange dies nicht in die Freiheitsrechte anderer Individuen oder Gruppierungen eingreift.
Streitfragen darüber, was grenzüberschreitend ist und was nicht, müssen sachlich und wohlwollend (All You Need Is Love ...) diskutiert werden. Eine Gegendiskriminierung darf nicht stattfinden.
Wenn Woke wie Nicht-Woke sich auf diese Sätze einigen könnten … worüber streiten wir dann noch?