ADAC und Weltbild: Wankende Riesen

Gepostet am: Feb 14, 2014 11:13:33 AM

Der Riese namens ADAC strauchelt. Aber er wird nicht stürzen. Leider. Wünschen würde ich es mir, aber meine Wünsche gehen selten in Erfüllung. Warum wünsche ich mir, dass eine solche Institution verschwindet? Weil sie zu viel Macht hat und diese Macht nicht kontrolliert wurde. Also wurde sie folgerichtig missbraucht. Das war für alle auch lange soweit in Ordnung, bis sie sich halt dabei haben erwischen lassen. Trotzdem wird der ADAC mit einiger Wahrscheinlichkeit in einem Jahr die alte (Selbst-)Herrlichkeit wieder erlangt haben. Zu viele Menschen sind in diese Maschinerie involviert, als dass man die Bude einfach dicht machen würde. Verdient hätte der ADAC das, denn …

… wozu … ist … er … schon … nütze?

Testberichte?

Alles Fake, wie wir nun wissen. Man hat die Leser der „Motorwelt“ jahrelang an der Nase herumgeführt. Somit ist kein einziger Testbericht auch nur einen Pfifferling wert, selbst diejenigen, die auf seriöse Weise zustande gekommen sein mögen.

Pannenhilfe?

Bekommt man auch anderswo, in der Regel bei seiner Kfz-Versicherung als kleinen Aufpreis zum Teilkasko. Und der ist in der Regel sogar billiger als die ADAC-Mitgliedschaft. Und die Pannenhelfer von denen sind nicht darauf gedrillt, dem in diesem Moment hilflosen Autofahrer überflüssige Autobatterien anzudrehen!

Politik für Automobilisten?

Der ADAC war in der Vergangenheit der beste Garant dafür, dass Politiker sich in Deutschland als einzigem Land der Welt noch nicht zu einem Tempolimit auf Autobahnen haben durchringen können. Das ist volkswirtschaftlich in jeder Beziehung schädlich: fürs Klima, für den Verbrauch fossiler Brennstoffe und nicht zuletzt für die Verkehrssicherheit.

Der ADAC hat sich die Ziele unverbesserlicher Raser zur obersten Leitlinie gemacht und die süddeutsche Autoindustrie ist glücklich darüber.

Für all das gehört der ADAC weg. Das wäre mein Wunsch…

Weltbild/Hugendubel straucheln ebenfalls. Und wieder sage ich: Lasst diesen Riesen fallen, wenn er sich aus eigener Kraft nicht aufrecht halten kann. Wenn ein Autor wie ich das sagt, dann klingt das zunächst einmal so, wie wenn ein leidenschaftlicher BMW-Fahrer sich darüber freuen würde, dass der ADAC zusammenbrechen könnte…

Ja, ich würde mich freuen. Denn es ist genau diese Kette, die man getrost als einen Sargnagel des Buchmarktes bezeichnen kann – wenn auch zugegebenermaßen nicht als den einzigen Sargnagel.

Aus welchem Grund haben wir in Deutschland eine gesetzliche Preisbindung bei Büchern?

Ich zitiere mal aus der Wikipedia: „Erklärte Ziele der Buchpreisbindung sind eine Vielzahl von breit ausgestatteten Buchhandlungen, die eine größere Zahl an Titeln anbieten, welche über Bestseller hinausgeht und auch weniger populäre, aber kulturell wertvollere Titel umfasst.“

Genau. Breit ausgestattet. Man wollte die Amerikanisierung des Marktes verhindern, gerade weil das Buch ein wertvolles Kulturgut ist (sagen wir vielleicht besser: „… sein kann“). Wie sehen US-Buchhandelsketten denn aus? Sie sind riesig. Aber pro Abteilung führen sie gerade mal die Top-100, darunter die Top-10 in riesigen Stapeln. Um das zu sehen, braucht man gar nicht mehr so weit zu reisen: Jede Hugendubel-Filiale sieht inzwischen aus wie eine Filiale von Barnes & Noble. Jede zehnmal kleinere Bahnhofsbuchhandlung verfügt schon fast über ein tieferes Sortiment. Und die Tendenz ist nicht aufzuhalten, immer mehr Buchhändler folgen dem Trend. In reinen Weltbild-Filialen ist es gleich noch schlimmer, dort baut man anstatt auf ein tiefes Sortiment auf Haushalts- und Ramschartikel auf beinahe der Hälfte der Fläche. Geht’s noch??? Nein, es geht offenbar nicht mehr. Der Kunde fühlt sich vera…scht und bleibt weg, der Riese strauchelt. Was ich folgerichtig finde.

Von mir aus, liebe Politiker, lasst den Markt nur machen und große Firmen weiterhin die Sahnehäubchen des Buchmarkts abschöpfen. Für kleinere, bibliophile Händler sind dank Amazon ohnehin schwere Zeiten angebrochen und neue Buchhandlungen, gar „eine Vielzahl“ davon, sind eine Utopie aus vergangenen Zeiten. Unbekanntere aber gute Autoren werden ihren Weg irgendwie auch anders finden. Es wird immer Menschen geben, die das Außergewöhnliche suchen und Händler, die bereit sind, es anzubieten.

Nur, unterstützt diese Konzerne mit ihrer Sahnehäubchen-Politik nicht mehr, indem ihr ihnen auch noch die Festpreise erhaltet und den Wettbewerb zwischen den Großen der Branche unterbindet. Schafft die Preisbindung ab! Sie hat als Marktregulierungsinstrument offensichtlich ihre Wirksamkeit verloren. Ein Buchhändler überlebt heute, weil er Beratung bietet, Service, Orientierung, weil man stöbern kann, ein Buch auch mal die Hand nehmen, weil man vielleicht sogar dort das Außergewöhnliche findet. Wenn all das verloren geht, ist der Buchhandel … tot und zwar nicht, weil Firmen wie Hugendubel oder Weltbild im Sterben liegen, sondern im Gegenteil, weil sie zu lange gelebt haben. R.I.P.